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Schützenfest: Teil unserer Identität

Viele lieben es, wenige können nichts damit anfangen, andere haben Vorurteile darüber, die größtenteils unbegründet sind finde ich: Schützenfest. Die Sommermonate sind im Hochsauerland geprägt von den hochheiligen Festen der Schützenvereine. Woanders treffen sich alte Schulfreunde in der Weihnachtszeit, bei uns ist es auf dem Schützenfest. Viele Sauerländer, die aus beruflichen oder anderen Gründen die Heimat verlassen haben, kommen nicht nur zu Familienfeiern zurück, sondern eben gerade zum Schützenfest - denn dies ist oft wie eine Familienfeier. Um zum Schützenfest zu gehen, muss man aber keineswegs Vereinsmitglied oder Eingeborener sein. Gäste sind durchaus gerne gesehen, werden besonders in den kleinen Orten schnell integriert und versprechen meistens noch vor der Theke eine Wiederholung ihres Besuchs im Folgejahr.

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Schützenfeste in Winterberg                                                               Schützenfeste in Hallenberg

Böse Zungen behaupten: Schützenfest würde nur gefeiert, um eine Begründung für drei Tage Kampftrinken zu haben. Aber ganz so einfach ist es nicht. Klar ist das Biertrinken durchaus wichtig. Nicht selten wird der Erfolg eines Festes anhand der Zahl der ausgeschenkten Hektoliter gemessen. Der Alkoholkonsum steht aber nicht im Vordergrund. Der Ablauf ist eigentlich in allen Orten gleich. Das Bier wird gleich meterweise geholt und großzügig vor der Theke an alle Bekannten oder (noch) Unbekannten verteilt. Es gehört einfach dazu, macht locker und ist Teil eines Lebensgefühls. Wer nichts trinken möchte, wird auch nicht schief angeguckt.  

Ohne Musik geht absolut nichts

Die Schützenhallen haben einige feierreiche Jahre hinter sich, werden liebevoll von den Mitgliedern der Schützenbruderschaften gepflegt, gestaltet, renoviert, restauriert. Schließlich soll das typische sauerländer Ambiente erhalten bleiben und trotzdem etwas Moderne einziehen. Wer schon von Kindesbeinen an von den Eltern aufs Schützenfest mitgenommen wurde oder vielleicht Kinderschützenfest gefeiert hat, bleibt meistens ein Leben lang Fan dieses Festes. Es gibt Eindrücke, Musik, Gerüche, Bilder, die prägen sich ein und sorgen dafür, dass die Gäste sich in der Schützenhalle sofort wohlfühlen. Erklingen die ersten Takte der bekanntesten Märsche, könnte ich sofort feiern gehen. Ein richtig gutes Schützenfest steht und fällt für mich mit der Musik. Ohne sie geht absolut nichts. Es gibt keinen Festzug ohne Marschmusik und keinen Schützenball ohne Blaskapelle oder Band. Dabei ist die Mischung der Musiktitel so bunt wie das feiernde Publikum. Von Polkas über Schlager, Oldies, Rock und Märschen ist alles dabei und es funktioniert. „Auf die Vogelwiese geht der Franz“ singen die Männer auf dem Weg zum Vogelschießen. Den Text kennt jeder, sogar die Kinder.  Ist der Vogel beim Höhepunkt des Schützenfestes gefallen, fließen nicht selten Freudentränen. Ich kenne etliche ehemalige Schützenkönige, die sofort noch mal den Vogel schießen würden. Einfach, weil es ein unvergleichliches Erlebnis ist.


Die Altersspanne der Feiernden auf einem Schützenfest reicht von 0 bis 99 Jahre. Und ich finde, gerade das macht es aus. Die Kinder kommen beim Kindertanz und auf dem Karussell auf ihre Kosten und fiebern häufig sogar schon beim Vogelschießen mit. Die Jugendlichen sind sowieso dabei und treten schnell in die Fußstapfen der Erwachsenen. Diesem Trend wurde damit Rechnung getragen, dass in vielen Orten schon seit einigen Jahren ein Jugendkönig ermittelt wird. Quasi zum Üben für den ganz großen Vogel.

Das Schützenwesen ist ein wichtiger Teil unserer Region. Es ist ein historisch gewachsener, lebendiger Teil der lokalen Identität. Die Traditionen sind zahlreich und schon die Kleinsten wissen wie es läuft. Man könnte behaupten, die Bräuche wären konservativ und verstaubt, doch so ist es nicht. Die Menschen mögen keine Veränderungen. Sie bewahren die uralten Abläufe, pflegen und zelebrieren sie weiter. Nicht ohne Grund wurde das Schützenwesen im Jahr 2015 in das immaterielle Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommen. Dass gerade ich als Frau über das Schützenwesen schreibe - eine durch und durch von Männern geprägte Angelegenheit - ist sicher außergewöhnlich. Ohne Frauen macht auch den Männern das Feiern auf Dauer keinen Spaß. Schließlich wurde auf dem Schützenfest schon so mancher Grundstein einer Ehe gelegt. Ziemlich langweilig wäre ein Festzug ohne Königin und Hofstaat-Damen. Dass ich ein Fan von Schützenfesten bin, dürfte nun klar sein. Kaum ein Fest im Jahr ist mir so wichtig.

Geht es dir auch so?